Die Nähe der modernen spirituellen Szene zum historischen Nationalsozialismus

Eine Zusammenfassung des Artikels Revolution, Diktatur und Verschwörung – die spirituelle Szene auf politischen (Ab-)Wegen von Ronald Engert:

Die aktuelle Gefahr der spirituellen Szene besteht darin, dass sie ungewollt rechte Ideologie adaptiert, die eine gewisse Nähe zu mythischen und mystischen Inhalten hat. Es sollen deshalb in diesem Aufsatz einige Positionen des historischen Nationalsozialismus und ihre Nähe zu allgemein spirituellen Ideen aufgezeigt werden und wie diese mit der heutigen Lage korrespondieren. […]

Die nationalsozialistische Bewegung verstand sich […] als Impuls, das repressive und entfremdete System des Kapitalismus aufzubrechen und die Menschheit in die Freiheit zu führen. Dieses Motiv enthielt starke spirituelle Elemente, wie Wilhelm Reich deutlich macht. …]

In dem jetzigen Erstarken der systemkritischen Alternativbewegungen, die oft abwertend als Verschwörungstheoretiker bezeichnet werden, sehen wir die Wiederauflage dieses Impulses. Auch heute geht es um die Freiheit und die Wahrheit, die allenthalben ins Feld geführt und den Gegnern, z. B. der „Lügenpresse“ bzw. den „Mainstream-Medien“, sowie generell dem „Mainstream“, der dann auch die Politik, die Wissenschaft und die Wirtschaft umfasst, mit Vehemenz bis hin zu Hass entgegengehalten werden. […]

Wir sehen heute diese starke Querfront9, also eine Allianz von linken und rechten Positionen gegen das „System“. Dazwischen tummeln sich die unentschiedenen Menschen, die aus einem Impuls der Menschenliebe heraus für alles offen sein und niemanden verurteilen möchten. […] Diese pseudo-politischen Positionen vertreten die Hypothese eines politisch totalitären Systems, das bekämpft werden muss. Ihre Position ist jedoch selbst totalitär. Es wird eine Dualität konstruiert, in der eine kleine Minderheit der Erwachten einer bösartigen, korrupten, mitunter auch satanischen Elite gegenübersteht. […]

Das größte Unglück soll damals die Zersplitterung in Parteien und Klassen gewesen sein. Heute wehrt man sich gegen die Unterscheidung in rechts und links und sieht sich als Volksganzes, das der herrschenden Elite entgegensteht. Diese Sichtweise entbehrt einer objektiven politischen Theorie und fördert das rechts-nationale, mythische Theorem, wie es bei Dörnhaus zum Ausdruck kommt. […]

Viele Vertreter der zeitgenössischen spirituellen Szene verwechseln dies. Sie sind ihrem Gefühl nach alles andere als rechts und fühlen sich nicht verstanden, wenn ihnen eine rechtsoffene Haltung unterstellt wird. Ihre mythische Herangehensweise an die Religion ist aber strukturell mit dem mythischen Denken eines Nationalismus verbunden. Gerade die Abkehr von Rationalität führt zu einer Verstärkung des sentimentalen und romantischen Elements, von dem auch das mythische Bewusstsein getragen ist. Das Problem des mythischen Denkens besteht eben gerade darin, dass die Errungenschaften der Aufklärung ausgesetzt sind.

Die wichtigste Errungenschaft der Aufklärung ist das wissenschaftlich-rationale Denken, das den Menschen vor den Fallstricken eines schicksalhaft mythisch denkenden Bewusstseins schützt, das z. B. in eine Schicksalsergebenheit führen kann, die reales Unrecht verschleiert (Karma) oder auch zu einem fanatischen Sendungsbewusstsein verleitet, das überall Verfolgung und Missgunst wittert – ganz abgesehen von der dualistischen Wirklichkeitskonstruktion Gut-Böse, die die Welt auf zwei gegensätzliche Pole aufspaltet. […]

[…] Man wähnt sich natürlich auf der Seite des Lichts. Der Staat und die Regierung wiederum gehören zu den bösen Mächten, die dann gern auch die Behauptung über sich ergehen lassen müssen, Satanisten zu sein, wie dies die immer mehr Verbreitung findende Verschwörungsideologie von QAnon behauptet.

Ronald Engert: Revolution, Diktatur und Verschwörung – die spirituelle Szene auf politischen (Ab-)WegenTelepolis

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